Spirituelle Lehrer

(Jaina Sadhus und Sadhvis – Mönche und Nonnen)

Wer uns unterrichtet, wird als Lehrer bezeichnet. Spirituelle Lehrer unterweisen uns in Religion. Bei den Jaina heißen sie Sadhus (Mönche) oder Sadhvis (Nonnen).

Ein Jaina Sadhu oder eine Sadhvi müssen sich einer Ausbildung unterziehen. Im Laufe dieser Ausbildung studieren sie die Philosophie und Schriften der Jaina und die speziell für Mönche und Nonnen geltenden Verhaltensregeln. Sie lernen, sich aus allen weltlichen Bindungen zu lösen und ihre Familien sowie ihre beruflichen und sozialen Aussichten aufzugeben. Sie müssen auch lernen, ohne Geld zu leben.

Sobald sie sich an dieses Leben ohne weltliche Bindungen gewöhnt haben, entscheiden sie sich für das Nonnen- oder Mönchstum. Sie müssen auf ihr Selbst hören und treffen diese Entscheidung ohne Druck. Das gibt ihnen die nötige innere Stärke für die Weihe zum echten Sadhu oder zur echten Sadhvi.

Sobald ein Acharya sie als Sadhu oder Sadhvi anerkennt, findet die zeremonielle Initiation (Diksha) statt. Damit entsagen sie ihrem weltlichen Leben und lösen sich für immer aus ihren sozialen und ökonomischen Bindungen. Freiwillig legen sie fünf große Gelübde ab:

  1. Ich werde keine Gewalt ausüben. (Ahimsa)
  2. Ich werde nicht lügen. (Satya)
  3. Ich werde nicht stehlen. (Asteya)
  4. Ich werde keusch bleiben. (Brahmacharya)
  5. Ich werde nichts besitzen. (Aparigraha)

Diese Gelübde befolgen sie auf dreierlei Weise:

  1. Physisch
  2. Verbal
  3. Mental

Jede dieser drei Arten ist dreifach unterteilt:

  1. Selbst nicht mehr als fünf Aufgaben verrichten,
  2. jemand anderes nicht mehr als fünf Aufgaben verrichten lassen,
  3. niemanden dazu ermutigen, mehr als fünf Aufgaben zu verrichten.

Würden Mönche und Nonnen sozial-ökonomisch leben, verfehlten sie das Ziel ihrer Entsagung. Da sie sich mit dem spirituellen Streben beschäftigen sollen, würde eine Beteiligung an weltlichen Angelegenheiten einem Brechen ihrer Gelübde gleichkommen. Wegen ihrer Loslösung von weltlichen Angelegenheiten und wegen ihres spirituellen Strebens werden Mönche und Nonnen als Teil der ‚Panch Parmesthy’ (die fünf höchsten Wesen) angesehen, die wir im Namokar Mantra rezitieren.

Mönche und Nonnen betrachten ihre Väter oder Mütter nicht mehr als Väter oder Mütter, sondern gehen mit ihnen wie mit jedem anderen Haushälter um. Genauso haben sie jedwede andere Art von Beziehungen wie Ehemann, Ehefrau, Bruder, Schwester, Sohn oder Tochter aufgegeben, sowie sich ihres Besitzes an Geld, Häusern, Autos, Juwelen oder anderen Dingen entledigt.

Sie haben sich die Annehmlichkeiten des Lebens abgewöhnt und leben sehr einfach. Die weißgekleideten Mönche heißen Svetamber Sadhus, die unbekleideten Mönche Digamber Sadhus. Die Nonnen beider Gruppen tragen immer weiße Gewänder.

Sadhus und Sadhvis laufen barfuss und reisen nicht in Autos, Zügen, Flugzeugen oder anderen Arten von Fahrzeugen. Sie bewegen sich von Ort zu Ort und leben nicht dauerhaft an einem Ort, sind jedoch nicht vor Sonnenaufgang, nach Sonnenuntergang und im Regen unterwegs.

Sie gehen zum Essenholen in verschiedene Häuser und nehmen von jedem Haushalt nur eine kleine Menge des für die Familie zubereiteten Essens an, aber nichts extra für sie Zubereitetes und kein rohes grünes Gemüse. Svetamber Mönche tragen hölzerne Schüsseln für das Essen mit sich, während Digamber Mönche das ihnen angebotene Essen mit den eigenen Händen entgegennehmen. Svetamber Mönche essen zweimal täglich und trinken nur gekochtes Wasser, das sie auch zwischen den Mahlzeiten zu sich nehmen. Vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang essen und trinken sie nichts. Digamber Mönche essen und trinken nur einmal täglich und nehmen nur von einem Haushalt etwas an. Viele Mönche und Nonnen nehmen Entbehrungen durch Fasten auf sich.

Mönche berühren keine Frauen und Nonnen keine Männer. Die weißgekleideten Mönche und die Nonnen besitzen nur drei weiße Gewänder. Einige Mönche bedecken ihren Mund mit einem weißen Stück Stoff (Muhapati), einige halten das Muhapati in der Hand, während manche keines benutzen. Für die Freilegung des Weges benutzen einige ein Rajoharan (eine kleine Bürste aus feinen Fäden), andere fertigen sich dafür eine Bürste aus heruntergefallenen Pfauenfedern. Sie praktizieren zweimal täglich, morgens und abends, Pratikraman und erlegen sich freiwillig viele Einschränkungen auf. Außerdem unterweisen sie die Haushälter in religiösen Angelegenheiten.

Sie befolgen ihre Gelübde mit großer Disziplin und erklären sehr ruhig, dass sie bestimmte Dinge nicht annehmen können, wenn ihnen etwas angeboten wird, das sie nicht annehmen können. Überall bringt man ihnen große Hochachtung entgegen.

In weltliche Angelegenheiten verstrickte und die wirkende Wahrheit ignorierende Menschen wie wir können religiösen Rat von diesen Mönchen und Nonnen erhalten. Sie erklären die Botschaft Lord Mahaviras. Wir sollten uns in Ehrfurcht vor diesen Mönchen und Nonnen verneigen. Wenn wir uns verneigen, sollten wir nieder knien und mit unseren Unterschenkeln, beiden Händen und dem Kopf den Boden berühren und „Mathen Vandami“ sagen, was „Ich verneige mich“ bedeutet. Männer sollen während des Verneigens die Nonnen nicht berühren, ebenso Frauen nicht die Mönche. Wir sollten versuchen, dem Beispiel der Mönche und Nonnen zu folgen.

Zum Ausklang die drei Bedingungen, die ein Mönch oder eine Nonne für die Entsagung der weltlichen Aspekte erfüllen muss:

  1. Freiwilliger Verzicht auf weltliche Güter und die sozialen und ökonomischen Aspekte des Lebens.
  2. Freiwillige Übernahme der fünf großen Gelübde und ihrer neunfältigen Beachtung.
  3. Nur weiße oder gar keine Kleider tragen, alle Nonnen tragen weiße Gewänder.

Fragen:

  1. Wer sind unsere spirituellen Lehrer?
  2. Was ist zu tun, um Mönch oder Nonne zu werden?
  3. Was geben sie auf, wenn sie ihrem weltlichen Leben entsagen?
  4. Nenne die fünf Gelübde, die sie ablegen.
  5. Sind Mönche oder Nonnen spirituelle Lehrer oder Sozialarbeiter?
  6. Was für Wasser trinken sie?
  7. Wie oft essen sie täglich?
  8. Essen sie nachts?
  9. Wie bekommen sie ihr Essen?
  10. Nehmen sie rohes grünes Gemüse an?
  11. Berühren Mönche und Nonnen Angehörige des anderen Geschlechtes?